GG

Wochenspiegel-Kolumne: Kruzifix noch amoi!

Gebietsreform? Hochschul- und Bildungslandschaft? Nein, bei der CDU wird die Debatte leidenschaftlich, wenn man in Gerichtssälen religiöse Symbole abhängt. So geschehen in Saarbrücken. Der Amtsgerichtspräsident ließ die verbliebenen Kreuze in den Sitzungssälen abhängen und erklärte, das Kreuz sei Symbol einer Autorität, jedoch nicht der Autorität, die für die Rechtsprechung eines staatlichen Gerichts maßgeblich sei. In den Sitzungssälen werde an gleicher Stelle nun das Landeswappen als Symbol staatlicher Autorität aufgehängt. Nun mag man das Recht, keiner religiösen Beeinflussung ausgesetzt zu sein (negative Religionsfreiheit), unterschiedlich bewerten. Man mag christliche Werte in den Kreuzen sehen, oder christliche Autorität. 

Was man aber in jedem Fall bedenken sollte: zu unseren Werten und Grundsätzen zählt auch die Gewaltenteilung. Die Organisation der Gerichte obliegt der Rechtsprechung. Ließe sich die CDU-Fraktion von einem Richter in die Organisation ihrer Fraktion reinreden? Wohl kaum. Es überzeugt ebenso wenig, zu argumentieren, das Kreuz symbolisiere die Wertvorstellungen der Mehrheit der Bevölkerung. Das Abstellen auf die Mehrheit geht schon deswegen fehl, weil Rechtsprechung und Urteile nicht “Im Namen der Mehrheit des Volkes”, sondern “Im Namen des [gesamten] Volkes” ergehen. Und der gemeinsame Wertekatalog dieses Volkes ergibt sich nicht aus der Bibel, sondern aus der Verfassung und den Gesetzen unseres Staates.

Anmerkung: Bei der Wochenspiegel-Kolumne handelt es sich um ein Format, bei dem die Vertreter der Fraktionen im Saarbrücker Stadtrat wöchentlich zu einem aktuellen Thema Stellung beziehen. Für die Freien Demokraten wechsele ich mich hierbei mit meinem Fraktionskollegen Karsten Krämer ab. Damit alle Fraktionen die Möglichkeit haben, sich im Wochenspiegel zu äußern, ist die Anzahl der zur Verfügung stehenden Zeichen auf insgesamt 1460 begrenzt. Dies gewährleistet Chancengleichheit für die Fraktionen, zwingt jedoch dazu, sich knapp zu halten und nicht alle angesprochen Fragen umfassend zu erläutern.

Im vorliegenden Fall hätte es sich angeboten, kurz zu erläutern, inwiefern sich aus Art. 5 GG eine Neutralitätspflicht des Staates in religiösen Fragen und ein Abwehrrecht der Bürger ergibt, die auf staatlichen Druck hin (und der ist es meist, der einen in den Gerichtssaal bringt) religiösen Symbolen ausgesetzt sein wollen. Man hätte noch deutliche ausführen können, inwiefern die CDU-Landtagsfraktion die Gewaltenteilung missachtet, wenn sie der Judikative in die Organisation ihrer Einrichtung reinreden will. Und man hätte auf die umfassende verfassungsrechtliche Rechtsprechung eingehen können, die sich mit der An- oder Abwesenheit von religiösen Symbolen in Gerichtssälen befasst. Aufgrund der Zeichenbegrenzung war dies diesmal leider nicht möglich, wird jedoch zu gegebenem Anlass nachgeholt werden.

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