„Schrödingers Katze“ ist ein physikalisches Gedankenexperiment zur Quantentheorie, bei dem sich in einem Raum mehrere Atomkerne befinden. Einer hiervon wird innerhalb einer bestimmten Zeitspanne evt. zerfallen und einen Geigerzähler zum Ausschlag bringen, der eine Tötungsvorrichtung für eine im Raum befindliche Katze auslöst. Wenn ein Atomkern zerfällt, wird die also Katze getötet. Nach einer Deutung der Quantentheorie befindet sich der Atomkern an einem bestimmten Punkt im Zustand der Überlagerung, er ist also zerfallen und gleichzeitig nicht zerfallen. Befände sich auch die Katze in einem Überlagerungszustand, wäre sie gleichzeitig lebendig und tot.
Ähnlich scheint es der Stadtratskoalition aus SPD, Grünen und Linken zu gehen. Kaum noch eigener Gestaltungsdrang, die Unfähigkeit, sich auf einen Baudezernenten zu einigen, das Versagen des grünen Dezernenten Brück bei Max-Ophüls samt Aufstand der Künstler, Uneinigkeit bei Abstimmungen, das Scheitern der rot-rot-grünen Messepläne und der Rücktritt der grünen Fraktionsvorsitzenden Willger. Und doch hält man Koalitionsrunden ab und bezeichnet sich als „Bündnis“. Rot-Rot-Grün scheint im Überlagerungszustand angekommen zu sein, gleichzeitig eins und uneins.
Schrödinger wollte mit seinem Gedankenmodell die Unvollkommenheit der Rechenmodelle der Quantenmechanik demonstrieren. Die Unvollkommenheit des Rot-Rot-Grünen Bündnisses demonstrieren SPD, Grüne und Linke mittlerweile wöchentlich selbst.
Anmerkung: Bei der Wochenspiegel-Kolumne handelt es sich um ein Format, bei dem die Vertreter der Fraktionen im Saarbrücker Stadtrat wöchentlich zu einem aktuellen Thema Stellung beziehen. Für die Freien Demokraten wechsele ich mich hierbei mit meinem Fraktionskollegen Karsten Krämer ab. Damit alle Fraktionen die Möglichkeit haben, sich im Wochenspiegel zu äußern, ist die Anzahl der zur Verfügung stehenden Zeichen auf insgesamt 1460 begrenzt. Dies gewährleistet Chancengleichheit für die Fraktionen, zwingt jedoch dazu, sich knapp zu halten und nicht alle angesprochen Fragen umfassend zu erläutern.
Gerade bei der offensichtlichen Zerstrittenheit im Bündnis ist die Zeichenbegrenzung natürlich hinderlich, gerne hätte ich detailliert aufgezeigt, bei welchen Abstimmungen man sich uneinig war, wie etwa was die Anschaffung neuer stationärer Geschwindigkeitsmessgeräte anging. Auch hätte ich dann ausführlicher darlegen können, worin sich der mangelnde Gestaltungsdrang zeigt, etwa, wenn die Anträge des Bündnisses zum Haushalt nur minimale und schwammige Aussagen beinhalten, wahrscheinlich, weil man sich nicht auf mehr einigen konnte. Oder wenn jegliche Motivation, die Stadt mit strukturellen Reformen zukunftsfest zu machen, eingestellt werden.
Die kommenden Monate und Jahre werden wohl leider mehr dieser Uneinigkeiten offenbaren und dafür sorgen, dass viel Zeit verschenkt wird, in der Saarbrücken zukunftsfest gemacht werden könnte.